Neurodivergentes Großstadtleben

Autor*in Giancarlo @inconstloop

Das Großstadtleben ist das einzige Leben, das ich kenne. Als ich in Lima (Peru) wohnte, musste ich mich mit lauten Verkehrsmitteln auseinandersetzen, die mich seit Anfang meines Lebens störten. Ich wohnte neben einer Hauptstraße, auf der viele Busse fuhren. Mit 15 musste ich erkennen, dass ich damit gar nicht leben konnte. Meine Gedanken verloren sich in den Geräuschen und in einem Haus, in dem man laut sein musste, um sich zu behaupten. Als ich nach London gezogen bin, war es wesentlich geordneter, aber das europäische Setting brachte den Druck der Leistungsgesellschaft mit sich, in der jede:r beschäftig und immer unterwegs sein musste. Man konnte den Druck spüren. In Berlin ist das Leben etwas entspannter, aber nicht weniger unterdrückend und diskriminierend. In allen Städten habe ich einige Sachen über mich gelernt, die euch vielleicht helfen können. 

Hier sind 4 Tipps für das Leben als neurodivergente Person in der Großstadt.

  1. Gewöhne dich an deine Umgebung

Großstädte können sehr unübersichtlich sein. Man hat nie ein vollständiges Bild der Stadt, in der man gerade lebt, im Kopf. Es sei denn, deine Geolocation-Skills sind besser als meine. Deswegen macht es Sinn, sich auf die Gegend um die eigene Wohnung herum zu beschränken. Zu wissen, wo bestimmte Läden oder Parks sind, hat mir sehr geholfen. Allerdings könnte der Lärm zu viel sein und zu Meltdowns führen, deswegen…

  1. Trage (Noise-Cancelling) Kopfhörer

Nicht alle haben Geld, um sich teure Noise-Cancelling Kopfhörer zu kaufen. In Peru musste ich mich mit ganz normalen Kopfhörern zufrieden geben, die mich in meiner Zeit dort gut begleitet haben. Der Zweck der Kopfhörer ist dir Raum zu geben, damit die Umgebung, und deren Geräusche, Bewegungen, Menschen und Fahrzeuge, nicht zu einem Chaos der Eindrücke wird. Bestimmte Dinge benötigen deine Aufmerksamkeit, aber nicht alle und bestimmt nicht alles auf einmal.

  1. Nimm dir deine Zeit

Eine der furchtbarsten Sachen des Großstadtlebens ist, dass man sich immer unter Druck gesetzt fühlt, etwas tun oder nützlich und produktiv sein zu müssen. Lass’ dich davon nicht vereinnahmen. Du kannst, mit Freund:innen oder allein, Räume erschaffen, die nicht auf Produktivität ausgerichtet sind. Es ist wichtig zu wissen, wann du eine Pause von der Welt einlegen solltest und herausfinden, was deine zeitlichen Möglichkeiten sind. Diese Erkenntnisse sind sehr wertvoll für das Großstadtleben.

  1. Suche die Unterstützung 

Es benötigt viel soziale Energie, aber ein paar Menschen zu haben, die dir helfen und für dich da sind, erleichtert dir das Großstadtleben. In Peru hatte ich viel Support, in London weniger und in Berlin hat es gedauert. Schlussendlich habe ich – auch dank der Neurodiversen Gemeinschaft – andere (neurodivergente) Menschen gefunden, die mich verstehen und unterstützen. Die Stadt raubt dir viel Energie und obwohl alle Menschen da draußen sozial wirken, leben sie isoliert und für sich. Ein Unterstützungsnetzwerk kann dir dabei helfen mit den Herausforderungen der Großstadt umzugehen.

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